QiGong – Grundstand: Stehen wie ein Baum

von Michael Diemer

Grundstand im QiGong „Stehen wie ein Baum“ oder „Stehen wie eine Kiefer“ - Video Anleitung

Im QiGong beginnen die Übungsabfolgen stets mit einem Grundstand, der häufig auch zwischen den Übungen eingenommen wird. Der Grundstand „Stehen wie ein Baum“ lässt uns unsere tiefe Verwurzelung mit der Erde spüren und verbindet uns gleichzeitig mit der Leichtigkeit des Himmels.

 

Wirkung des Grundstandes „Stehen wie ein Baum“

Während wir den Grundstand einnehmen, werden wir auf unseren Körper und unsere Wahrnehmungen aufmerksam. Die Muskulatur wird entlastet und entspannt. Wir spüren den Energiefluss in uns, nehmen die Verbindung zur Erde und zum Himmel wahr und atmen tief. Der Grundstand „Stehen wie ein Baum“ ist die Vorbereitung auf nachfolgende QiGong Übungen und zentriert uns. Die Aufmerksamkeit geht nach innen. Viele QiGong-Übende nehmen den Grundstand auch als einzelne Übung ein, um Klarheit und Ruhe zu gewinnen.

 

So geht der Grundstand „Stehen wie ein Baum“:

Die Füße werden parallel in hüftbreitem Stand gestellt. Die Aufmerksamkeit wird auf die Verbindung mit der Erde, den „sprudelnden Quellen“, gelenkt. Wir stellen uns vor, Wurzeln zu schlagen und die tiefe Verbindung mit der Erde zu spüren. Die Knie werden aus der Spannung entlassen und beugen sich ein wenig, jedoch ohne die Oberschenkelmuskulatur zu belasten. Die Höhe entscheidet jeder Übende selbst, jedoch sollten die Knie auf keinen Fall über die Füße hinaus zeigen. Grundsätzlich gilt beim QiGong, dass kein Gelenk komplett durchgestreckt wird, da dies den Energiefluss im Körper einschränkt. Das Becken wird leicht aufgerichtet, d.h. wir gehen etwas aus dem Hohlkreuz raus und entspannen die Bauch- und Beckenmuskulatur. Der Atem kann nun frei bis in das untere Dantian fließen. Nun lassen wir unsere Wirbelsäule sich ganz natürlich aufrichten, indem wir uns vorstellen, dass wir am höchsten Punkt unseres Kopfes, dem Baihui, durch einen Bindfaden nach oben gezogen werden. Gleichzeitig stellen wir uns kleine Gewichte an unserem Kreuzbein vor, die uns sanft nach unten ziehen. Die Wirbelsäule wird länger. Das Kinn richten wir leicht zur Brust, damit wir aus der Überstreckung der Halswirbelsäule herauskommen. Die Brust und die Schultern sind entspannt. Nun stellen wir uns einen kleinen Raum vor, der sich unter der Achsel bildet und Bindfäden, die an den Ellenbogen befestigt sind und diese sanft nach außen ziehen. Die Handgelenke bleiben entspannt und die Handflächen nach innen gewendet. So sind nun auch unsere Arme gerundet, genauso wie die Beine. Keine durchgestreckten Gelenke, alles ist weich und lässt den Fluss des Qi zu. Die Augen sind offen und blicken, ohne zu schauen. Die Aufmerksamkeit bleibt zu zwei Dritteln in uns. Das restliche Drittel bekommt die Umwelt mit, ohne etwas zu bewerten oder auf etwas einzusteigen. Das Gesicht ist entspannt und locker. Nun stellen wir uns vor, wie ein Baum fest mit der Erde verwurzelt zu sein. Tief und standhaft. Die Beine sind fest, ohne dass wir uns anstrengen. Dabei stellen wir uns im Oberkörper die Leichtigkeit und das Spiel der Äste im Wind vor.

„Unten fest und oben weich.“

Im Grundstand „Stehen wie ein Baum“ nehmen wir im Körper wahr, woran wir festhalten und wo es sich stärker und wo schwächer anfühlt. Wir können mit der Aufmerksamkeit in diese Bereiche gehen und sie mit Qi auffüllen. Der Grundstand ist auch eine Bestandsaufnahme dazu, wo und wie wir gerade stehen, nicht nur in der Übung, sondern auch im Leben.

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